Leserbrief zum Beitrag „Hochbegabte Menschen haben trotz enormer Fähigkeiten viele Hürden zu nehmen“ im Nordkurier vom 10.04.2024

Vernachlässigt-besonders begabte Kinder und Jungendliche im Schulunterricht

Mehr als 200000 Kinder und Jugendliche sind 2021/22 als hoch-oder höchstbegabt eingestuft worden, so Wissenschaftler der Uni Münster. Bei fehlender Diagnostik bleiben aber viele dieser Schüler als besonders Begabte unentdeckt. Sie werden in der Schule oft gar nicht wahrgenommen, obwohl ihre intellektuellen Bedürfnisse denen ihrer Mitschüler weit voraus sein können. Weil sie aber zwischen Kindergarten und Abitur nicht besonders gefördert werden, sind sie über Jahre hinweg im Unterricht massiv unterfordert, perma- nent gelangweilt und zeigen am Unterrichtsstoff kaum Interesse. Dies kann sogar zu Clownerien,  Unterrichtsstörungen, Aggressionen und anderen Verhaltensauffälligkeiten führen. Sie hinterfragen viel, auch Regeln und Autoritäten; das ist unbequem und fordert Lehrkräfte heraus. Durch die unerkannte Unterforderung schalten diese Kinder und Jugendlichen im Unterricht schnell ab; es entstehen größere Lernlücken. Beim Unter- richtsgeschehen in normalen Klassen handelt es sich also um didaktische Konzepte, die nicht auf Begabte und Hochbegabte zugeschnitten sind. Denn eine differenzierte und individuell auf  besondere Begabungen ausgerichtete Förderung dieser Schüler ist unter den Bedingungen einer heterogenen Schulklasse mit verhaltensschwierigen, leistungs- schwachen und lerngestörten Kindern und Jugendlichen nicht zu leisten. Infolge der nicht angemessenen Forderungen können schnell Frustration, sinkende Lernmotivation und Leistungsabfall, ja sogar Schulunlust sowie Leistungsverweigerung auftreten. Dies widerspricht auch dem derzeitigen Trend zur Inklusion, also Schüler mit unterschied- lichen Lernbedürfnissen gemeinsam zu unterrichten. Begabung setzt sich nicht von allein durch; die besonders Begabten müssen frühzeitig lernen, ihre enormen Fähigkeiten, Talente und Potenziale anzuwenden. Dazu ist  es notwendig, dass die Schule auf ihre besonderen Lernbedürfnisse gezielt eingeht, einerseits mit zeitverkürzenden Maßnahmen (vorzeitige Einschulung, Überspringen von Klassen,  verkürzte Gymnasialzeit), anderer- seits und vor allem mit einer spürbaren Anreicherung anspruchsvoller Lernangebote im Fachunterricht. Die Maßnahmen zur Begabtenförderung sollten aber auch Möglichkeiten der äußeren Differenzierung wie Arbeitsgemeinschaften, zusätzliche Leistungskurse oder die Teilnahme am Fachunterricht einer höheren Klasse umfassen.

 

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