Die Schulen sind schon viel zu lange geschlossen
Die Impfquote steigt, die Inzidenzwerte sinken. Doch die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern bleiben weiterhin geschlossen. Während die „Bundesnotbremse“ die Schulschließung erst ab einer Inzidenz von 165 vorschreibt, hält unser Bundesland weiter an seiner selbst gesteckten 100 er – Inzidenzmarke fest. Auch dort, wo der Inzidenzwert seit Tagen unter 100 liegt, dürfen Schulen noch nicht in den Präsenzunterricht zurückkehren. Das ist sturer politischer Aktionismus. Entgegen aller Sprüche der Politiker, die Schulen als Letztes zu schließen und als Erstes wieder zu öffnen, werden die Schüler gnadenlos und sträflich im Stich gelassen. Hier wird der Staat seiner Verantwortung, das Recht der Schüler auf Bildung und Teilhabe zu gewährleisten, nicht gerecht. Corona entlarvt, dass, anders als oft behauptet, Kinder beziehungsweise Schulen in Deutschland keine Priorität haben. Gute Gründe sprechen aber für eine sofortige Öffnung von Schulen. So fordern Corona-Berater der Landesregierung und Kinderärzte die schnellstmögliche Rückkehr der Schüler in den Präsenzunterricht, weil die Schulen selbst nicht als Infektionstreiber anzusehen seien. Die Hygiene- und Testkonzepte funktionieren; Infektionen werden schnell erkannt. Ein Großteil der Lehrer ist bereits geimpft. Und neue Studien zeigen: Kinder und Jugendliche erkranken weniger häufig und nicht so schwer an Covid- 19 wie Erwachsene. Zudem sei in den Schulen die Gefahr, dass Schüler sich anstecken und das Virus verbreiten, deutlich geringer als im familiären oder Freizeitumfeld. Offene Schulen würden sogar zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitragen – Bedingung seien aber verpflichtende Tests. Unter der Voraussetzung effektiver Schulhygienekonzepte überwiegen also die Vorteile offener Schulen gegenüber den enormen psychischen und körperlichen Belastungen, denen Kinder und Jugendliche bei Schulschließungen ausgesetzt sind. Wissen, Persönlichkeitsentwicklung, Spracherwerb, soziale Kompetenz – die Lücken in den Bildungsbiografien von Heranwachsenden sind jetzt schon groß. Und sie werden weiter wachsen, je länger die Schulschließungen dauern. Die Bildungsforschung geht davon aus, dass jeder fünfte Schüler intensive Förderung benötigen wird, um die Lernrückstände aufzuholen. Die stärksten Lerndefizite weisen dabei die Grundschüler sowie Kinder und Jugendliche „ aus sozial schwächeren Verhältnissen oder aus Familien mit einer Migrationsgeschichte“ auf. Mittel- und langfristig braucht es deshalb einen Plan zur Aufarbeitung der Corona- Schulkrise mit individuellen Förderkursen und Wiederholungsprogrammen.