Leserbrief zum Beitrag „So mangelhaft sind Ganztagsschulen„ im Nordkurier vom 29.04.2016

Ganztagsschulen steigern fachliche Leistungen bei Schülern nicht

Mecklenburg-Vorpommern befindet sich keineswegs auf dem Weg zur Ganztagsschule, und nicht überall, wo Ganztagsschule drauf steht, ist auch Ganztagsschule drin. Doch die Schulversagerquoten, die Bildungsbenachteiligung von Kindern aus unteren sozialen Schichten und aus Migrantenfamilien sowie die Integration sonderpädagogisch bedürftiger Schüler verweisen geradezu auf Erfordernisse verstärkter Lernförderung. Aus Elternumfragen wird deshalb sichtbar, dass für die Ausgestaltung des ganztägigen Schulbetriebes den Eltern Haus-aufgabenbetreuung, individuelle Lernhilfe und erweiterte Lernangebote zunehmend wichtiger werden. Bei den Elternmotiven für den Ganztagsschulbesuch ihres Kindes stehen vor allem die Förderungsaspekte an der Spitze. Die „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen„ verdeutlicht allerdings beträchtliche Defizite hinsichtlich der pädagogischen Wirkungen im Ganztagsbereich. Ganztagsangebote können zwar die Lernmotivation und das Sozialverhalten der Schüler fördern. Dass sie sich aber auch positiv auf die Lernleistungen auswirken, lässt sich nicht nachweisen. Selbst wenn die fachlichen Zusatzangebote eine besonders hohe Qualität aufwiesen oder die Schüler besonders intensiv teilnahmen, konnten die Forscher keine größeren Lernfortschritte im Vergleich zu den nichtteilnehmenden Mitschülern messen. Dies zeigt, dass die ausbleibenden Leistungszuwächse eventuell auf didaktische Schwächen der Lehrkräfte zurückzuführen sind oder darauf, dass die Lehrer ihre Angebote nicht konzeptionell mit dem Vormittagsunterricht verknüpfen. Meines Erachtens ist es aber notwendig, dass die Inhalte und Methoden der Nachmittagsangebote sowie spezifische Fördermaßnahmen auf den Fachunterricht abgestimmt werden, dass sie auf Bedarfe des regulären Unterrichts reagieren und auch wieder Rückwirkungen auf den Fachunterricht haben. In diesem Sinne ist der Entwicklung von Ganztagsschulen vor allem eine „qualitative Wende„ zu wünschen, die verbindliche Gestaltungsstandards beinhaltet. So wird es erst möglich, die Ganztagsschule präziser von Halbtagsschulen mit erweiterter  Betreuungs-funktion abzugrenzen.

 

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