Leserbrief zum Beitrag „Minister will mehr Schulsport“ im Nordkurier vom 02.06.2022

Sportunterricht in Deutschland – ein Mangelfach

Der Sportunterricht ist nach wie vor das Stiefkind der Bildungspolitik. Denn das Fach Sport ist in Deutschland ein Mangelfach: Ständig fallen Sportstunden aus, es wird extrem viel fachfremd unterrichtet. Oft fehlt es an den nötigen Sportstätten und einer adäquaten Ausstattung. Viel Zeit geht häufig mit Umziehen, Vorbereitungen und Erklärungen verloren, sodass zu wenig Unterrichtszeit für die tatsächliche Bewegungsaktivität der Schüler bleibt. Auch die Lehrpläne selbst werden im Sportunterricht selten umgesetzt. Es ist zu vermuten, dass die Pandemie diese Unterrichtsprobleme im Fach Sport noch verschärft hat. Unter dem Strich mangelt es dem Fach nicht nur an Stunden, Personal und Qualität, sondern vor allem auch an Wertschätzung. Bei Englisch oder Mathematik wären solche Unterrichtsmängel ein Unding. Bei Sport interessiert es niemanden. Aber wen wundert das? Wird doch der Schwerpunkt der Schulbildung von Politikern und Schulverantwortlichen eindeutig auf die kognitiven Unterrichtsfächer gelegt. Die Folgen: Seit Jahren entwickelt sich die physische Leistungsfähigkeit von Schülern rückläufig. Gleichzeitig ist die Zahl der Jugendlichen und Kinder mit krankhaftem Übergewicht bundesweit deutlich gestiegen. Sportwissenschaftler, Mediziner und Sportlehrer machen regelmäßig auf enorme Defizite bei Kondition, Fitness und Koordination aufmerksam. Viele Heranwachsende sind körperlich zu wenig belastbar. Obwohl es für das Fach klare Vorgaben gibt, sind die Sportlehrer gezwungen, ihren Unterricht den mangelnden physischen Voraussetzungen der Schüler anzupassen. Übergewicht und motorische Mängel sind auch die Hauptursachen für das Ansteigen der Schulsportunfälle. Dies führt dazu, dass Lehrer aus Angst vor Unfällen den Schwierigkeitsgrad von sportlichen Übungen oftmals gering halten und ihre Schüler unterfordern. Aktivität und Belastung sind in vielen Sportstunden derart niedrig, dass zu geringe gesundheitliche Effekte bei den Mädchen und Jungen erzielt werden. Zugleich werden immer mehr Schüler mit physischen Leistungsschwächen allzu oft ganz oder teilweise vom Sportunterricht befreit. Es ist also dringend geboten, den Sportunterricht regelmäßig durchzuführen, die Unterrichtszeit effektiv zu nutzen, die Bewegungsaktivität der Kinder und Jugendlichen zu steigern und für eine angemessene hohe physische Belastung zu sorgen.  Besonders förderlich sind dabei gut ausgebildete Sportlehrer, die alle Schüler entsprechend ihren Fähigkeiten motivieren und mitnehmen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.