Professor Struck: Lehrer betreiben „Osterhasen – Pädagogik“
Im Nordkurier-Interview plädiert Professor Peter Struck, Experte für Erziehungswissenschaft, leidenschaftlich für eine neue Lernkultur. Selbstständiges Lernen der Schüler, bei dem der Lehrer als „ Lernberater“ fungiert, soll an die Stelle des klassischen Frontalunterrichts treten, den Struck als „ Osterhasen-Pädagogik“ geißelt. Dass der lehrerzentrierte Unterricht so verbreitet ist, führt er darauf zurück, dass viele Lehrkräfte einem Belehrungs- und Lenkungsdenken verhaftet sind. Die Dominanz des frontalen Unterrichts wird von Struck mit der Ausbildung zu DDR – Zeiten und somit mit der psychischen Disposition der Lehrer erklärt. Tatsache ist aber, dass mit dem Frontalunterricht hierzulande etwa 85 Prozent des gesamten Unterrichts bestritten werden. Fakt ist auch, dass eine Unterlegenheit dieses Unterrichtskonzepts in der Lernforschung bislang empirisch nicht belegt werden konnte. Deutlich wird: Professor Struck ist in einigen Fragen nicht auf dem neuesten Stand der Wissenschaft. Ich empfehle ihm deshalb, die neueren Ergebnisse der Unterrichtsforschung zur Kenntnis zu nehmen. So stellt der Pädagoge Hilbert Meyer in seinem Buch „Was ist guter Unterricht?“ bezüglich der beiden Unterrichtskonzepte fest: Lehrerzentrierter Unterricht ist erfolgreicher beim fachlichen Lernen und offener Unterricht bei der Vermittlung von Methoden- und Sozialkompetenzen. Daher sollten mit Blick auf die anzustrebenden Lernziele beide Konzepte im Unterricht praktiziert werden. Mit seinen wissenschaftlich nicht haltbaren und unterrichtsfernen Aussagen erweist Struck seiner Argumentation keinen Gefallen. Was Not tut, ist keine Propaganda für utopischen Unterricht, sondern eine sachliche Diskussion über Unterrichtsgestaltung und -organisation. Vielleicht wird sich dabei ja herausstellen, dass Frontalunterricht sinnvoll und unverzichtbar ist, wenn er in Unterrichtsformen integriert wird, die Eigentätigkeit, Selbstverantwortung und Kooperation der Schüler fördern.